„Hier darf ich einfach Zahnarzt sein“
NEUHAUSEN/LADAKH: Rainer Roos spendet eine Klinik für die indische Himalayaregion – Jetzt wird das Personal geschult
Von Elisabeth Maier
Esslinger Zeitung 02.09.2017
Schlaflose Nächte hat sich der Zahnarzt Rainer Roos aus Neuhausen gemacht, als er im nordindischen Ladakh auf die Freigabe der Baumaterialien für seine Zahnklinik wartete. Der indische Zoll in verlangte dafür einen Steuerbetrag, „den wir nicht aufbringen konnten“, erzählt er. Eigentlich hätte er schon 2016 mit dem Bau beginnen wollen. Mit viel Verhandlungsgeschick gelang es dem gewieften CDU-Kommunalpolitiker dann aber doch, eine Lösung zu finden. Mit einem Team von Handwerkern und Baufachleuten aus der Region Stuttgart hat er die Klinik nun in den Sommerferien aufgebaut. Mit dabei war auch ein Team von der Universität Trier.
Die „Bright Mountain Dental Clinic“ wird künftig sein tibetischer Kollege, der Dentist Kunsang Dechen, leiten. Mit seinem vierköpfigen Team versorgt er die Menschen in Choglamsar, das direkt neben der Residenz des Dalai Lama liegt. Wie viele andere seiner Landleute musste der Geistliche 1959 nach dem Aufstand gegen die chinesische Regierung aus Tibet fliehen. Das Oberhaupt der Tibeter unterstützt das Projekt und wird auch im kommenden Jahr bei der Eröffnung dabei sein. „Sein Beistand gibt uns viel“, findet Rainer Roos, der 2016 zur Audienz bei dem Friedensnobelpreisträger war.
Behandlung in 3500 Metern Höhe
Die Klinik liegt in dem indischen Bundesstaat Jammu und Kashmir auf 3500 Metern über dem Meeresspiegel im Himalaya. Seit 1999 kommen Roos und seine Frau Ulrike, die zahnmedizinische Fachangestellte ist, an diesen Ort. Früh fing er an, dort Patienten zu behandeln. „Hier darf ich einfach Zahnarzt sein“, schwärmt der Mediziner. Denn zuhause verschlinge die Verwaltungsarbeit einen großen Teil der Zeit.
Augenzwinkernd berichtet er, dass er schon mal etwas länger auf einen Patienten warten müsse, „denn die Inder haben einen anderen Rhythmus“. Davon lassen sich der Zahnmediziner und seine Frau gerne treiben. Es sei anfangs schwer gewesen, Patienten ohne die moderne Instrumente und unter solchen hygienischen Bedingungen zu behandeln. Deshalb reifte in ihm der Wunsch, eine Zahnklinik zu eröffnen. Im Jahr 2000 gelang es ihm, zumindest eine Zahnarzt-Station einzurichten. Er gründete die gemeinnützige Gesellschaft „Ladakh Medical Aid“ und fand in seinem tibetischen Kollegen Kunsang Dechen einen Partner, der die Gegebenheiten vor Ort sehr genau kennt. Inzwischen verbindet die Familien eine enge Freundschaft.
Nun steht die Klinik mit zwei Behandlungsstühlen, einem Labor, einem Röntgengerät und einer Wohnung für den Zahnarzt und seiner Familie. Da es auf dem Gelände weder Strom noch Wasser gab, mussten die Experten da zunächst eine autarke Versorgung aufbauen.“Immerhin tut das Internet jetzt manchmal“, bemerkt Roos mit der ihm eigenen feinen Ironie. Diese technischen Mängel erschweren ihm die Kommunikation mit seinem tibetischen Kollegen, „aber wir finden dann doch immer zusammen“.
Roos ist zuversichtlich, dass er nun vielen Menschen helfen kann. „Leider ist die Zahnpflege in Ladakh mittelalterlich.“ Da müssen er und sein Team aufklären. Wenn er Menschen helfen kann, die nur Zahnstummel im Mund haben, macht das den leidenschaftlichen Arzt froh. Seine Frau Ulrike kümmert sich auf den gemeinsamen Reisen nicht nur um die Patienten. Sie macht das Personal fit für die Betreuung der Patienten. Obwohl er die Klinik nun an seinen tibetischen Kollegen übergeben hat, plant Roos schon die nächste Reise. „Im November bin ich für ein verlängertes Wochenende dort, um zu schauen, ob alles rund läuft.“ Darauf freut sich der Zahnmediziner schon sehr.“
Das Hilfsprojekt für Ladakh
Finanzierung: Aus Spendengeldern und eigenen Mitteln hat der Zahnarzt Rainer Roos die Zahnklinik finanziert. Möglich wurde der Aufbau allerdings nur, weil der bestens vernetzte Mediziner viel Hilfe von Unternehmern aus der Region und von der Universität in Trier bekam. Die Bauleitung in Südindien hat Schreinermeister Achim Wiegmann übernommen.
Suche nach Sponsoren: Um den Betrieb der Klinik zu finanzieren, ist Roos auf der Suche nach weiteren Sponsoren. Nicht nur Firmen, auch viele Privatleute haben das Projekt im Himalaya unterstützt. Anschrift: Ladakh Medical Aid gGmbH; Eichendorffstraße 64; Esslingen – Konto/IBAN: DE44611616960249995000; BIC: GENODES1NHB. Weitere Informationen zu den Spendenmöglichkeiten gibt es auf der Homepage des Projekts: www.klinik-ladakh.de
Die weiteren Pläne: Bereits jetzt hat Rainer Roos neue Ideen, für die er Unterstützer sucht. Da Ladakh eine weit verzweigte und sehr dörflich geprägte Region ist, können viele Patienten nicht in die Klinik kommen, um sich dort behandeln zu lassen. Daher planen Roos und seine Mitarbeiter nun eine mobile Zahnstation, die auch die ländlich geprägten Bereiche erreicht. Außerdem sind für den Betrieb der Klinik gut ausgebildete Zahnärzte notwendig. Die Tochter von Roos‘ Partner Kunsang Dechen will in die Fußstapfen des Vaters treten und selbst Zahnmedizin studieren. Da die Familie das nicht alleine finanzieren kann, werden dringend Unterstützer gesucht.